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Historie
„Der gehört in die Vita eines jeden Läufers“ –
Ein Rückblick auf 35 Jahre Heidelberger Halbmarathon

Fast wäre die Geschichte des Heidelberger Halbmarathons anders herum verlaufen, und das ist wörtlich gemeint. Denn als 1981 erste Ideen für eine Volkslaufstrecke in und um die Stadt am Neckar diskutiert wurden, hieß es noch: Vom Start weg soll es hoch zum Schloss gehen. Die erste giftige Steigung also gleich auf den ersten Kilometern; da hätte wohl kaum ein Läufer das Wahrzeichen Heidelbergs und den Blick von oben auf die Flusslandschaft genießen können. Der damals zur Planungsgruppe gehörende Christian Kaehler suchte nach alternativen Laufstrecken und fand schließlich jene 21,1 km-Runde, die in ihren Grundzügen bis heute Bestand hat: aus der Altstadt über den Neckar zum Philosophenweg, hinaus nach Ziegelhausen und Schlierbach und erst dann hoch zum Schloss. Wer nun gegen Ende des Laufs Pulverturm und Schlosshof passiert, hat zwar schon 19 Kilometer in den Beinen, aber auch die Gewissheit, dass es von hier nur noch bergab geht.

Vom Trimm-Trab zum regionalen Spitzensport
Der Anstoß, eine Laufveranstaltung in Heidelberg zu etablieren, kam Ende der siebziger Jahre aus der Trimm-Trab-Bewegung. Gehörte die TSG 78 Heidelberg doch zu den ersten Leichtathletikvereinen überhaupt, die einen regelmäßigen Lauftreff einrichteten. Ihr Vorstand unter Gerhard Ritzhaupt nahm die Anregungen der Läufer gerne auf, und so konnte man 1982 den Startschuss zum ersten Heidelberger Halbmarathon geben – mit immerhin 600 Teilnehmern. Die Sieger hießen Rainer Süßmann von der LG Frankfurt und Jean Folan vom ausrichtenden Verein.
Beim Blick auf die Siegerlisten seit 1982 fällt auf, dass die bei Cityläufen sonst üblichen afrikanischen Namen fehlen. Bei den Männern siegten, abgesehen von Issa Mohamedi aus Tansania (1994), ausnahmslos regionale Größen: der Rheinauer Günter Wolff (1983/1984), Norbert Kleiber aus Jöhlingen (1986/1988), der Ludwigshafener Thomas Greger (1997) oder Christian Stang aus Schriesheim (2002). Ähnlich die Lage bei den Damen, wo neben den siegreichen Athletinnen der TSG 78 Heidelberg (Ute Krauter 1987, Viola Kirschke 1993 und Ursula Stabel 2001) sowie aus dem Umland einige angloamerikanische Namen ins Auge fallen. Kenianer und Kenianerinnen hingegen sucht man vergebens; von Beginn an wurden beim Heidelberger Halbmarathon keine Startgelder gezahlt. Auch nicht für Weltklasseathleten wie „Ironman“ Norman Stadler, der die Auflage von 2004 dominierte und zusammen mit Ralf Wodopia (2000), Timo Bracht (2005) sowie Mathias Pfähler (2007/2008) eine kleine Triathletenriege bildet, die den Nur-Läufern in jüngster Vergangenheit die Hacken zeigte.

„Miss Halbmarathon“ – Sabine Rankel
Interessant auch die Frage nach den Seriensiegern: Während es schon drei Männer schafften, den Halbmarathon dreimal zu gewinnen – der Hallenser Enrico Rösner in Serie (1990-1992), der Orientierungsläufer Ingo Horst aus Neckarbischofsheim (1998/1999/2001) sowie mit dem Freiburger Ulrich Benz ein echter Bergspezialist (2010/2012/2013) –, gelang für geraume Zeit nur einer einzigen Dame die Wiederholung ihres Sieges: der Amerikanerin Jennifer Moyer (1991/1994). Jedoch nur bis 1997; dann begann die Ära Sabine Rankel. Die Bergspezialistin aus der Vorder-pfalz siegte bislang sechsmal, davon dreimal hintereinander. Was ihr versagt blieb, nämlich Moyers Streckenrekord von 1991 zu knacken, schaffte Tina Tremmel von der MTG Mannheim. Bei ihrem dritten Sieg 2009 stellte sie mit 1:22:29 h eine Zeit auf, an der sich noch viele die Zähne ausbeißen dürften. Dies gilt erst recht für die Fabelzeit Rösners aus dem Jahr 1990; allerdings wurden diese 1:05:32 h auf der alten, zudem wegen Sturmschäden verkürzten Strecke gelaufen. Den aktuellen Rekord hält Jonas Lehmann mit 1:13:15 h (2015).

Alternativen bei der Streckenführung
Die Suche nach einer neuen, „massentauglichen“ Halbmarathonstrecke bestimmte die Organisation der letzten Jahre. Hatte 2002 noch die Sperrung der Alten Brücke zu einer Verlegung der Streckenführung geführt, war es 2004 die Erhöhung der maximalen Teilnehmerzahl auf 3000, die zur Neukonzeption zwang. Durch die Einführung der Chipmessung 2008 konnte das Kontingent sogar auf 3500 ausgereizt werden. Als Ideallösung für die Startphase hat sich die Friedrich-Ebert-Anlage herauskristallisiert; die Führung durch die Hauptstraße und die lange Schleife durch Neuenheim sorgen für eine Entzerrung des Läuferfeldes, bevor es in engen Serpentinen hoch zum Philosophenweg geht. „Ideal“ heißt hier natürlich: gemessen an den Verhältnissen der Heidelberger Altstadt. Eine weitere Erhöhung der Teilnehmerzahl würde automatisch eine Verlegung des Starts in die Vororte, beispielsweise ins Neuenheimer Feld, nach sich ziehen. Denkbar, aber weniger attraktiv.

Altstadtlauf – Minimarathon – Team-Lauf
Noch gar nicht erwähnt wurde der kleine Bruder des Heidelberger Halbmarathons, der ebenfalls 1982 aus der Taufe gehoben wurde: der Altstadtlauf, inzwischen unter dem Namen Team-Lauf bekannt. Gedacht war und ist er vor allem für diejenigen, die sich einen halben Marathon noch nicht zutrauen, für Einsteiger also oder für Mittelstreckler. Während hier zunächst Heidelberger Athletinnen und Athleten vom USC und der TSG 78 dominierten, führte anfangs der Neunziger kein Weg an den KenianerInnen aus der Trainingsgruppe von Walter Abmayer vorbei. Erst 1997 verschwanden die Chirchir, Bitok und Kagiri wieder aus der Siegerliste, und es begann mit dem Triumph von Christian Stang die lange Erfolgsserie der Schriesheimer. Stang, Andreas Höschele und Viola Kirschke sind übrigens die einzigen, die bisher sowohl auf der Heidelberger Lang- wie auf der Kurzstrecke gewannen. Mit der Namensänderung hat sich auch der Charakter des etwa 3 km langen Laufs durch die Altstadt gewandelt. Neben den Einzelstartern setzt man nun vor allem auf die Teilnahme von Laufgruppen: Firmenteams, Schulmannschaften, Klinikmitarbeiter, städtische Angestellte… Die besten unter ihnen werden, entsprechend der Devise eines „Team-Laufs“, gesondert ausgezeichnet.

3500 Startplätze: Der Run vor dem Run
Christian Kaehler, der „Erfinder“ der Heidelberger Strecke, läuft übrigens immer noch. Trotz einer Bestzeit von 2.27:54 h über Marathon hat er „seinen“ Halbmarathon nie gewinnen können; inzwischen finisht er in Heidelberg mit Zeiten um die hundert Minuten – wenn er sich nicht, wie so viele der TSG 78 Heidelberg, um die Getränkeausgabe, um T-Shirts, Zielpräsente, die Siegerehrung oder die Startnummernausgabe kümmern muss. Eine Veranstaltung mit über 4000 Teilnehmern und etwa dreimal so vielen Zuschauern bedeutet jede Menge Verantwortung und Stress für die Organisatoren. Stress auch für die Laufwilligen bei der Anmeldung; Ende Februar 2011 war der Halbmarathon bereits nach 20 Stunden ausgebucht – Rekord. Die Kombination aus Citylauf und Landschaftslauf, sozusagen die Erfolgsformel des Heidelberger Halbmarathons, kommt nach wie vor bestens an. Oder, um es in den Worten des Internet-Magazins „Laufreport“ zu sagen: „Der Heidelberger Halbmarathon gehört in die Vita eines jeden Läufers.“

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